Urlaub in Namibia

Der lange gehegte Traum von einem Astrourlaub unter dem Himmel von Namibia ging Ende August 2010 endlich in Erfüllung.

Wir, das sind meine Frau Christa und ich, starteten am 21.8.2010 zu unserer großen Namibiarundreise, die uns in 11 Tagen ab Windhoek durch ganz Namibia bis zum Fishriver-Canon im Süden und dann bis hoch in den Norden in den Etosha-Nationalpark und zurück nach Windhoek führte. Es war eine sehr gut geführte Rundreise, die uns dieses große und schöne Land intensiv erleben ließ.

Der astronomische zweite Teil stand schon im der Planung ständig unter der Vorgabe, daß das Astrogepäck inklusive Stativ und Laptop deutlich unter 20 kg bleiben und maximal 1 Koffer belegen durfte. Also war strenge Beschränkung angesagt.

Nach dem Ende der Namibiarundreise wurden wir mit unserem Gepäck (2 Koffer und 2 pralle Rucksäcke) von Windhoek abgeholt und auf die ca. 60 km südöstlich davon liegende Auas Game Lodge in der Nähe des südlichen Wendekreises geholt. Diese Lodge war mit 16 Zimmern recht klein, aber von einem Deutschen und seinem einheimischen Personal sehr gut geführt. Abwechslung brachten tagsüber die halbzahmen Wildtiere, die auf dem Gelände der Lodge umherstolzierten.

 

Schon vor der Buchung hatte ich mir das südöstlichste Zimmer mit direktem Ausgang auf eine kleine Terrasse ausgeguckt (Google Earth), da es am weitesten von Pool und Grill entfernt war. Außerdem war es von dort aus lediglich 25 m bis zum geplanten Beobachtungsplatz, etwa am Pfeilende. 

 
   Unser Zimmer
Ich konnte von dort aus meine Astrotrac am Rande des freien Geländes aufbauen und abends die USB-Leitung zwischen ein paar Bäumen hindurch bis zum Laptop im Zimmer führen. Der Himmel am Beobachtungsort war frei von Ost bis Südwest. Außerdem war der Chef der Lodge so freundlich und ließ so ab 22.00 Uhr die gesamte Wegbeleuchtung auf der Südseite der Lodge ausschalten. Da wir auch den Zeitraum um Neumond gebucht hatten, konnte es losgehen.  
   Blick von unserer Terrasse zum Beobachtungsplatz am Grasrand
   

Ich war mir von Anfang an im Klaren gewesen, daß von einer „Kofferausrüstung“ keine Superbilder zu erwarten waren. Aber schon der Himmel ohne Fernrohr war ein überwältigendes Erlebnis. Nun wollte ich sehen, was die „Koffersternwarte“ zu leisten imstande war.

Das astronomische Gepäck hatte die Reisestrapazen gut überstanden. Damit war das Programm des Anreisetages vorgegeben: Auspacken – zusammenbauen – testen. Es funktionierte bei Tag alles, was zu Hause x-mal getestet worden war. – Erleichterung.

 Astrotrac vor der Abreise  
 

Dafür tauchte prompt schon in der ersten Beobachtungsnacht ein größeres Problem auf: Sein Name? „Polsucher der Astrotrac“.
Ich hatte mich darauf verlassen, daß die mitgelieferte Anleitung zur Polsucherbenutzung korrekt ist und wollte, so wie am Nordhimmel gewohnt, die Astrotrac justieren. Weit gefehlt! Der in der Anleitung für die Grobeinsüdung angegebene Stern Epsilon Hydri steht 22° vom Südpol entfernt und ist daher im Polsucher mit seinen 10°-Gesichtsfeld gar nicht verwendbar.
Ein grober Fehler des Polsucher-Vertreibers!

Die beiden „Feinjustiersterne“ Sigma und Chi Octans konnten wegen ihrer geringen Helligkeit im viel zu lichtschwachen Polsucher nicht gefunden werden. Damit war der Polsucher am Südhimmel zum Einsüden nicht verwendbar!

Was nun??

Um nicht gleich die erste Nacht ungenutzt verstreichen zu lassen, habe ich dann die Astrotrac nach Augenmaß so in etwa auf den Südpol gerichtet und mit 24 mm Brennweite Feldaufnahmen mit
maximal 60 s  Belichtungszeit gemacht. Natürlich war da ISO 1600 bei meiner Canon EOS 400D (unmodifiziert) angesagt.

Die Ergebnisse waren dann nicht so schlecht, wie zunächst befürchtet (Siehe die ersten sieben Bilder vom 2.9.2010). Da ich aber für die nächsten Nächte weitere Aufnahmen mit 55 mm (FE-S), 135 mm (Sonnar) und 300 mm (Rubinar) geplant hatte, mußte ich mir dringend etwas einfallen lassen.

Die rettende Idee kam am folgenden Nachmittag und war folgende:

Man richte bei Tag (da ist der Polsucher ja lichtstark genug) die Astrotrac-Achse mit Hilfe des Polsuchers auf eine weit entfernte Bergspitze aus. Anschließend vollführe man dann dasselbe mit der Kamera auf dem Kugelkopf, ohne daß dabei die Astrotrac im Geringsten verstellt wird, sodass am Ende die Achsen von Polsucher und Kamera parallel sind. Anschließend werden alle Klemmungen noch einmal so fest wie möglich angezogen.

Damit ist die Arbeit im Hellen erledigt. Ab jetzt findet das Stativ mit Aufbau seinen Platz im Zimmer und ist tabu für alle neugierigen Finger.

Abends wird dann vorsichtig die Astrotrac rausgetragen, mit der Visiereinrichtung wieder so ungefähr auf den Südpol gerichtet und mit stehendem Antrieb eine 5-min-Aufnahme gemacht. Die Strichspuren lassen dann auf dem Laptop-Monitor eine Einschätzung des „Kreismittelpunktes“ zu. Anschließend leichte Positionsveränderung der Astrotrac-Achse mit immer noch unberührtem Kamera-Kugelkopf. – Neue Aufnahme. – Neue Strichspureinschätzung..... Das Ganze ist solang zu exerzieren, bis der Mittelpunkt der Strichspuren im Zentrum des Monitorbildes angekommen ist. Ab jetzt darf das Stativ samt Astrotrac-Achse nicht mehr verstellt werden, dafür darf endlich die Kugelkopfklemmung der Kamera gelöst und das eigentliche Objekt der Begierde eingestellt werden!


 
  Suchaufnahme mit 135 mm Brennweite


Nun war es mir mit den maßgeschneiderten Computer-Programmen meines Freundes Reinhard Beitz möglich, vom Laptop im Zimmer aus die Aufnahmen auszulösen, die Bilder unmittelbar nach ihrer Aufnahme am Laptop zu bewerten und eventuelle Schärfekorrekturen mit dem Fernfokussierer vorzunehmen. Richtungskorrekturen bedurften allerdings des Ganges nach draußen, um den Kugelkopf feinfühlig zu bedienen. Bevor dies alles aber ablaufen konnte, mußten erst einmal mit Suchaufnahmen das jeweilige Objekt „eingefangen“ und möglichst zentriert werden. Erst wenn der Nebel fotogen im Bildausschnitt platziert war, konnten die Serienaufnahmen beginnen. Dabei war zu berücksichtigen, daß einerseits die Belichtungszeit möglichst kurz gehalten werden mußte, um runde Sterne zu erhalten, andererseits das Rauschen auf dem Summenbild erträglich bleiben mußte. Die Antwort: ISO hoch auf 1600, dafür mindestens acht Bilder mit jeweils maximal 180 s.

Um Erfahrungen zu sammeln, habe ich ab der dritten Nacht zunächst die mittleren Brennweiten von 55 mm (FE-S) und 135 mm (Sonnar) benutzt. Erst in der zweiten Hälfte des Astrourlaubes habe ich mich dann mit gewachsener „Einsüdungs-Erfahrung“ bei den Einzelobjekten an die 300 mm getraut.

 

Im Nachhinein muß ich sagen, daß ich erstaunt bin, wie gut sich diese Methode bewährt hat. Die damit gewonnenen Bilder zeigen, daß bei wirklich genauer Einsüdung der Montierung Aufnahmen mit 300 mm Brennweite und bis zu 180 s Belichtungszeit möglich sind. Ein dickes Lob also für die gelungene Reisemontierung „Astrotrac“ aber ein noch dickeres „Minus“ für den unmöglichen Polsucher! Unter dem Strich läßt sich sagen, daß mir mit meiner „Kofferausrüstung“ und dem improviserten Polsucher-Ersatz 37 Summenbilder gelungen sind, die mich befriedigt nach Hause fahren ließen.

Und noch ein Lob muß ich los werden: Meine Christa hat eine bewundernswürdige Geduld mit mir bewiesen, selbst dann, wenn Probleme auftauchten und mich – zunächst – ungenießbar machten!

 Christa am Essplatz